Mehr Rechte für unverheiratete Väter – Neuregelungen im Sorgerecht
Veröffentlicht am 23.07.2013
Bisher hatten es unverheiratete Väter schwer, das anteilige oder alleinige Sorgerecht für ein gemeinsames Kind zu bekommen.
Nach den bisherigen gesetzlichen Regelungen war es so, dass bei der Geburt des Kindes der Mutter von Gesetzes wegen das Sorgerecht allein zustand. Unverheiratete Eltern konnten durch die Abgabe einer gemeinsamen Sorgerechtserklärung vor dem Jugendamt oder durch Vermählung das gemeinsame Sorgerecht erhalten.
Eine Übertragung des Mitsorgerechts auf den unverheirateten Vater gegen den Willen der Mutter war auch bei langjährigen Lebensgemeinschaften nicht möglich. Hiervor gab es nur eine gesetzliche Ausnahme, nämlich dann, wenn die elterliche Sorge der Mutter wegen Geschäftsunfähigkeit oder eingeschränkter Geschäftsfähigkeit ruhte.
Dies führte in der Praxis häufig zu Problemen, weil den betroffenen Vätern in diesen Fällen auch kein Rechtsmittel zur Verfügung stand. Sie mussten zwangsläufig die Entscheidung
der Mutter akzeptieren. Eine Alleinsorge konnte ein unverheirateter Vater nur bei Gefährdung des Kindeswohls durch die Mutter gerichtlich erstreiten; dies war oft ein sehr mühsamer und nicht immer erfolgreicher Weg.
Mit dem Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge (BT-Drucksache 17/11048), welches am 19.05.2013 in Kraft getreten ist, soll sich diese Benachteiligung des unverheirateten Vaters nun ändern.
Anlass zur Reform gab unter anderem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2010, Aktenzeichen: 1 BvR 420/09. Es sah in der bislang geltenden Regelung zur Übertragung der elterlichen Sorge auf den unverheirateten Vater einen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht des Vaters.
Insoweit hat der Gesetzgeber die bisher geltende Fassung des § 1626a BGB zur Regelung der elterlichen Sorge für unverheiratete Eltern dahingehend ergänzt, dass grundsätzlich unverheirateten Eltern die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, soweit sie ihnen durch das Familiengericht übertragen worden ist. Voraussetzung dafür ist stets das Wohl des Kindes, welches nicht beeinträchtigt werden darf. Es wird nun nur noch eine Negativprognose geprüft. Das bedeutet: Es wird nicht geprüft, ob die Übertragung der Mitsorge auf den Vater dem Kindeswohl dient, sondern ausschließlich, ob diese das Kindeswohl beeinträchtigt. Werden von der Kindesmutter nicht schwerwiegende Gründe vorgetragen, die der Versagung der elterlichen Sorge auf den Vater entgegenstehen oder ist dies nicht ersichtlich, dann wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge nicht dem Kindeswohl widerspricht. Damit kann der Vater nunmehr die elterliche Mitsorge auch gegen den Willen der Mutter erlangen. Verlangt der Kindesvater die Übertragung der Mitsorge auf sich nicht, verbleibt es bei der elterlichen Alleinsorge der Mutter, die sie nach der Geburt des Kindes automatisch erhält.
Weiterhin bleibt es dabei, dass die unverheirateten Eltern eine Sorgeerklärung kostenfrei
(§ 64 SGB X) vor dem Jugendamt abgeben oder einander heiraten können, um das gemeinsame Sorgerecht zu erhalten. Im Idealfall erklären die Eltern gemeinsam – auch schon vor der Geburt des Kindes möglich – beim Jugendamt im Zusammenhang mit der Anerkennung der Vaterschaft, dass sie gemeinsam die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind ausüben wollen. Einen solchen Antrag kann auch der Vater allein abgeben, die Kindesmutter wird dann vom Jugendamt um ihre Zustimmung ersucht. Sollte diese nicht erteilt werden, bleibt dem Vater der Weg zum Familiengericht.
Bevor das Gericht in Anspruch genommen wird, sollte aber der andere Elternteil aufgefordert werden, eine gemeinsame Sorgerechtserklärung beim Jugendamt abzugeben. Erst wenn dem keine Folge geleistet wird, sollte ein Antrag beim Familiengericht gestellt werden. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Kosten des Verfahrens von Bedeutung. Diesen Antrag kann von Gesetzes wegen jeder Elternteil stellen, in aller Regel aber wird dies der Vater des Kindes sein. Dieser Antrag wird dem anderen Elternteil vom Gericht zugestellt mit der Aufforderung zur Stellungnahme unter Fristsetzung. Diese Frist endet für die Kindesmutter frühestens 6 Wochen nach der Geburt des Kindes. Das Gericht kann dann, wenn es keinen Widerspruch und keine ersichtlichen widersprechenden Gründe gibt, ohne persönliche Anhörung der Eltern im schriftlichen Verfahren entscheiden. Diese Verfahren sind in der Regel beschleunigt durchzuführen.
Neu ist auch das Recht des Vaters, gemäß § 1671 Abs. 1 BGB die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge oder nur eines Teils davon auf sich verlangen zu können, wenn die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt leben oder die elterliche Sorge der Mutter zusteht. Hierzu ist ebenfalls eine negative Kindeswohlprüfung notwendig. Dies betrifft verheiratete, dauernd getrennt lebende Eltern und getrennt lebende Eltern, die eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben haben. Kommt hier eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht, ist die Alleinsorge des Vaters auszusprechen, wenn die Übertragung dem Kindeswohl entspricht, ohne dass es einer Zustimmung der Mutter bedarf.
Diese neuen gesetzlichen Regelungen gelten auch für „Altfälle“. Daher sind auf Antrag Abänderungen bereits gerichtlich getroffener Entscheidungen über das Gericht möglich. Maßgeblich ist allein, ob eine Abänderung dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Eine Kindeswohlüberprüfung unterbleibt bei Zustimmung des bisherigen Alleinsorgeberechtigten.
Diese neuen gesetzlichen Regelungen stellen einen Fortschritt zu der bisherigen Gesetzeslage dar, beinhalten aber immer noch eine Ungleichbehandlung von verheirateten und nicht verheirateten Vätern und deren Kindern. Unser Gesetz kennt noch immer nicht einfach „Eltern“. Zudem hat der unverheiratete Vater zunächst die Zustimmung der Mutter abzuwarten und, wenn diese fehlt, den Gerichtsweg zu beschreiten. Die Kindesmutter kann insoweit innerhalb der ersten 6 Wochen nach der Geburt des Kindes weitestgehend allein entscheiden, beispielsweise über den Namen des Kindes, Impfungen, religiöse Bindungen oder örtliche Veränderung.
Dirk Gräning
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