Ist die Adoption eines Stiefkindes durch einen unverheirateten Lebensgefährten möglich?
Veröffentlicht am 03.04.2017
Dies ist nicht möglich, so der BGH in Bestätigung einer Entscheidung des OLG Hamm.
Folgender Lebenssachverhalt lag diesen Entscheidungen zugrunde:
Antragsteller sind eine Mutter und ihr Lebensgefährte, die gemeinsam mit den beiden minderjährigen leiblichen Kindern der Mutter zusammenleben. Der leibliche Vater der Kinder war bereits 2006 verstorben.
Der Antragsteller lebt seit 2007 mit der Kindesmutter in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die keine eingetragene Lebenspartnerschaft ist. Er und die Kindesmutter beantragten gemeinsam vor dem zuständigen Amtsgericht die Adoption der beiden Kinder durch den Antragsteller.
Der Gesetzgeber hat eine Stiefkindadoption durch Ehegatten oder Lebenspartner in § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB geregelt, wonach ein Ehepaar ein Kind nur gemeinsam annehmen kann. Für nichtverheiratete Lebensgefährten hingegen gibt es keine vergleichbare gesetzliche Regelung. Gemäß § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB kann, wer nicht verheiratet ist, ein Kind nur alleine annehmen, mit der Folge, dass das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu seinem Elternteil erlischt (§ 1755 Abs. 1 S. 1 BGB). Nach § 1755 Abs. 1 BGB erlöschen mit der Annahme das Verwandschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und sie sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten.
Mit einer solchen Adoption würde also das Verwandschaftsverhältnis zu der leiblichen Mutter in dem zu entscheidenden Falle erlöschen.
Das Amtsgericht wies den Antrag zurück. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Antragsgegners war erfolglos. Das OLG Hamm wies die Beschwerde mit Beschluss vom 03.11.2015 (Az. II-3 UF 9/14) zurück.
Der BGH hat mit Beschluss vom 08.02.2017 (XII ZB 586/15) entschieden, dass eine Adoption der leiblichen Kinder des Lebensgefährten nur möglich, wenn eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft geschlossen wurde. Ohne Trauschein bleibt die Stiefkinderadoption weiterhin ausgeschlossen.
Diese gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß, so der BGH. Zum einen könne sich der Antragsteller nicht auf das Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 S.1 GG) berufen, da er nicht rechtlicher bzw. leiblicher Elternteil sei. Zum anderen umfasse das Familiengrundrecht nach Art. 6 Abs.1 GG keinen Anspruch der Familienmitglieder auf eine Adoption. Darüber hinaus dürfe der Gesetzgeber die Sachverhalte (nicht Verheiratete einerseits und Ehegatten bzw. Lebenspartner andererseits) unterschiedlich behandeln, somit sei auch der allgemeine Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Das Ziel des Gesetzgebers, dem Kind eine stabile Elternbeziehung durch eine rechtlich abgesicherte Partnerschaft zu gewährleisten, sei legitim.
Die hier im Streit stehende Adoptionsregelung würde die Antragsteller zudem nicht in ihrem von Art. 8 EMRK geschützten Recht auf Achtung des Familienlebens verletzen. Es ergebe sich auch keine andere Bewertung durch das im Jahr 2008 geänderte Europäische Adoptionsübereinkommen, welches den Vertragsstaaten die Adoption eines Kindes u.a. durch zwei Personen verschiedenen Geschlechts zulasse, wenn „diese in einer stabilen Beziehung leben“. Hierbei handele es sich lediglich um eine Öffnungsklausel, nicht jedoch um eine (bindende) Wertentscheidung, so der BGH.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erhebt keine Forderung, es nicht verheirateten Lebensgefährten zu ermöglichen, durch Adoption die Stellung gemeinschaftlicher Eltern minderjähriger Kinder zu erlangen. Vielmehr hat er bei der Adoption Minderjähriger den Abbruch der Beziehung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern im Grundsatz anerkannt. Eine Verletzung von Art. 8 EMRK hat er dagegen nur für den Ausnahmefall der Adoption eines volljährigen, aber behinderten Kindes durch den Lebensgefährten der Mutter mit Erlöschen der verwandtschaftlichen Beziehungen zur Mutter festgestellt. Demgegenüber geht es bei dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall um minderjährige Kinder, für die der deutsche Gesetzgeber im Interesse des Kindeswohls eine Stiefkindadoption weiterhin an eine besonders gefestigte Beziehung der Annehmenden in Form einer Ehe oder Lebenspartnerschaft geknüpft hat. Schließlich lässt das deutsche Recht im Falle einer Volljährigenadoption gemäß § 1770 Abs. 2 BGB die verwandtschaftlichen Beziehungen des Angenommenen grundsätzlich unberührt.
Quelle: u.a. aus BGH- Pressemitteilung vom 06.03.2017
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