Schriftformerfordernisse im Alltag
Veröffentlicht am 27.08.2021
Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht eine Reihe von Schriftformerfordernissen vor:
Zunächst gibt es die sogenannte Schriftform gemäß § 126 BGB, die voraussetzt, dass Schriftstücke eigenhändig durch Namensunterschrift unterschrieben oder mittels notariell beglaubigter Handzeichen unterzeichnet werden, soweit das Bürgerliche Gesetzbuch diese Schriftform vorschreibt.
Daneben gibt es die notarielle Beurkundung nach § 128 BGB. Selbsterklärend muss hier ein geschlossener Vertrag in den Fällen, in denen das Gesetz es vorsieht, notariell beurkundet werden. Darunter fällt, wie jeder sicher weiß, zum Beispiel der Grundstückskaufvertrag.
Auch die sogenannte Textform ist gewiss schon jedem einmal über den Weg gelaufen. Bei der Textform handelt es sich um einen Formtypus, der lesbar, aber unterschriftslos ist. Der Text muss demjenigen, der ihn erhalten soll, in Papierform, als CD-ROM, oder auch als E-Mail oder Computerfax, also in einer „verkörperten“ Form, übergeben werden. Oft liest man den Hinweis so oder so ähnlich: „Das Schreiben ist maschinell erstellt und bedarf keiner Unterschrift“.
Noch nicht so lange, befindet sich hingegen die sog. elektronische Form nach § 126a im Bürgerlichen Gesetzbuch. Dieser Formtypus setzt eine qualifizierte Signatur nach dem Signaturgesetz voraus. Nach der Definition des Signaturgesetzes handelt es sich bei „elektronischen Signaturen“ um Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt sind oder logisch mit ihnen verknüpft sind und der Authentifizierung dienen. In § 2 Nr. 2 und Nr. 3 Signaturgesetz werden dann dazu eine Reihe von Voraussetzungen aufgezählt, wie beispielsweise, die Verwendung eines sog. Signaturschlüssels, der dem Inhaber zugeordnet werden kann.
Allen Formvorschriften ist gemein, dass bei Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form das Rechtsgeschäft nichtig ist, sofern der Formmangel nicht geheilt worden ist.
Mit der Einhaltung von Schriftformerfordernissen beschäftigte sich auch das Oberlandesgericht München (Urteil vom 04.06.2012 – 19 U 771/12). In dem zu entscheidenden Fall, ging es um einen Kläger, der in einem Fachmarkt ein Fernsehgerät erwarb. Der Kauf des Geräts wurde finanziert. Dazu legte ihm das Unternehmen ein auf einem Tablet-PC vorhandenes, elektronisches Kreditformular der später beklagten Bank nebst Widerrufsbelehrung vor. Nachdem der Kläger das Kreditformular auf dem elektronischen Schreibtablett mittels dafür vorgesehenen Stifts unterzeichnete, wurden ihm die Unterlagen ausgedruckt. Die Unterschrift der Bank war nicht vorhanden. Der Kläger widerrief den Darlehensvertrag gegenüber der Bank, zweieinhalb Wochen nachdem ihm das Fernsehgerät geliefert worden war.
Das Oberlandesgericht München ging in seiner Entscheidung von einem wirksamen Widerruf des Klägers aus, da der ausgedruckte Verbraucherdarlehensvertrag nicht der Schriftform des § 126 BGB entsprach, da es an den erforderlichen eigenhändigen Unterschriften mangelte. Die Unterschrift der beklagten Bank sei überhaupt nicht vorhanden gewesen und die des Klägers erfolgte, nach Auffassung des Gerichts, nicht eigenhändig auf dem Vertrag. Sie war lediglich auf der ausgedruckten elektronischen Kopie des Darlehensvertrages vorhanden, was jedoch den Anforderungen der Schriftform nach § 126 BGB nicht entsprach. Die Unterschrift auf dem Tablet-PC genüge auch den Anforderungen der elektronischen Form nach § 126a BGB nicht, da es an einer besonders qualifizierten Signatur mangele.
Im vorliegenden Fall war die Formnichtigkeit zwar aufgrund der Auszahlung des Darlehensbetrages an den Kläger geheilt worden, dennoch war der Widerruf des Klägers rechtzeitig, da die Widerrufsfrist wegen des Formmangels erst später zu laufen begann.
Die Entscheidung zeigt hervorragend die Auswirkungen der Nichteinhaltung der gesetzlich vorausgesetzten Formerfordernisse und, dass sich aufgrund modernerer Technik in Bezug auf die Schriftformen immer wieder neue rechtliche Fragestellungen ergeben.
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