Unterhaltsrecht – keine Finanzierung einer Zweitausbildung erforderlich
Veröffentlicht am 05.04.2019
Mit Beschluss vom 27.04.2018 hat das OLG Hamm unter dem Aktenzeichen 7 OF 18/18 laut der Pressemitteilung der Pressestelle des OLG vom 05.06.2018 entschieden, dass Eltern ihrem Kind zwar eine angemessene Ausbildung, die der Begabung und Neigung des Kindes entspricht, finanzieren müssen. Allerding sind sie nicht verpflichtet, sollte das Kind in diesem erlernten Beruf nach Abschluss der Ausbildung eine Arbeitsstelle nicht finden, dem Kind eine weitere Berufsausbildung zu finanzieren.
In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte das Land Nordrhein-Westfalen von den Eltern einer 1991 geborenen Tochter verlangt, dass diese Ausbildungsunterhalt in Höhe der vom Land der Tochter bewilligten und auch geleisteten Zahlungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) zu erstatten haben.
Das OLG Hamm sah diesem durch das Land Nordrhein-Westfalen geltend gemachten Anspruch als nicht gerechtfertigt an und änderte insoweit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund vom 03.01.2018 ab. Dabei gingen die Richter des OLG Hamm davon aus, dass die Tochter der Antragsgegner sich in der 9. Schulklasse entschieden hatte, den Beruf einer Bühnentänzerin zu erlernen. Sie hatte daher nach der mittleren Reife die Schule verlassen und an einer Hochschule in Mannheim den Studiengang „Tanz“ absolviert. Im Jahre 2011 konnte sie das Studium mit dem Tanzdiplom abschließen. Allerdings gelang es ihr nicht, eine Anstellung als Tänzerin zu erhalten. Daher nahm sie 2012/2013 die Schulbildung wieder auf, erwarb die allgemeine Hochschulreife und begann in 2015/2016 Psychologie zu studieren. Für dieses Studium erhielt sie sodann die BAföG-Leistungen. Die Richter entschieden, dass Eltern zwar grundsätzlich ihrem Kind eine Berufsausbildung entsprechend Begabung und Fähigkeiten und dem Leistungswillen und der beachtenswerten Neigung des Kindes in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit finanzieren müssen. Ist eine solche von den Eltern geförderte Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen worden, sind die Eltern aber nicht mehr verpflichtet, die Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen.
Ausnahmen hiervon seien nur unter bestimmten Umständen gegeben, etwa wenn der Beruf aus gesundheitlichen oder sonstigen, bei Ausbildungsbeginn nicht vorhersehbaren Gründen, nicht ausgeübt werden könne. Eine fortdauernde Unterhaltspflicht käme auch dann möglicherweise in Betracht, wenn die weitere Ausbildung in einem engen fachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Erstausbildung steht und insoweit als Weiterbildung angesehen werden müsste. Das wäre auch der Fall, wenn die weitergehende Ausbildung bereits von vornherein angestrebt worden wäre oder wenn während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung, deutlich geworden wäre. Dies war allerdings vorliegend nicht der Fall, so dass die Eltern einen weiteren Ausbildungsunterhalt nicht schuldeten und auch keine Erstattung der BAföG-Leistungen an das Land Nordrhein-Westfalen vorzunehmen hatten.
Ein derartiges Risiko der Nichtbeschäftigung des Kindes nach erfolgreichem Abschluss einer geschuldeten Erstausbildung haben unterhaltsverpflichtete Eltern grundsätzlich nicht zu tragen. Das allgemeine Arbeitsplatzrisiko könne ihnen nicht zur Last fallen. Ein Volljähriger, der nach Abschluss seiner Ausbildung arbeitslos sei, muss primär selbst für seinen Unterhalt sorgen und jede Arbeitsstelle annehmen, auch außerhalb des erlernten Berufs.
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